Author Archives: Sigmar Salzburg

Musikpädagogik in Schleswig-Holstein 1932

Vor 83 Jahren, am 20. Juni 1932, wurde im Schloß Plön, in dem damals ein Internat untergebracht war, im Rahmen einer Schüler-Musizierwoche der „Plöner Musiktag“ von Paul Hindemith aufgeführt – eine den ganzen Tagesablauf begleitende Reihe von Stücken, die er eigens dafür komponiert hatte. Die Anregung dazu ergab sich aus einem Zusammentreffen mit dem Schulleiter Edgar Rabsch.

Paul Hindemith über die Uraufführung des
Plöner Musiktags am 20. Juni 1932

An drei schönen Tagen fand das Fest statt. Ich war mit einigen Schülern als Helfer von Berlin herübergekommen, und nach einem lauten und eindrucksvollen Empfang stürzten wir uns alle in die Arbeit. Aus allen Ecken des Schulgebäudes tönte Musik. Das Orchester probte im Garten, der Chor sang auf der Wiese, andere übten im Wald. Ich musste fortwährend Musik liefern, an der schon gelieferten ändern, wegnehmen und zufügen … Die Klasse der jüngsten Schüler war tief betrübt: Sie konnten noch nicht recht Noten lesen und waren demnach unverwendbar. Das einzige Instrument, das sie notdürftig spielen konnten, war die kleine Schulblockflöte in C. Es blieb also nichts anderes übrig, als sie damit zu beschäftigen und so schrieb ich ihnen im Eröffnungsmarsch der Kantate ein Trio, in welchem die ganze Klasse als Blockflötenchor unter Begleitung des übrigen Orchesters auftreten konnte. Ein kleiner Junge unter ihnen, der schon musikalische Kenntnisse hatte, wurde mit seiner Truppe in einen noch unbesetzten Teil des Geländes geschickt, um das Stück einzuüben, und nach einer Stunde kam die ganze Gesellschaft wieder und spielte ihre Partie auswendig. Auf diese Weise verbrachten wir übend zwei Tage, am dritten fand das Fest statt.

Frau Musica, in allen Landen wohl bekannt. Ja, ich sag das zu dieser Frist, daß mir vor diesem Fräulein fast nie keine besser gefallen, drum ist sie mir die Liebst von allen. (Martin Agricola 1528/1545)

Glücklicherweise wurde Hindemith mit seiner von den ausgetretenen Pfaden abweichenden Musik von den Nazis als „entartet“ verfemt, so daß er Deutschland bald darauf verlassen mußte. Wie es ihm ergangen wäre, wenn er wie Edgar Rabsch seinen Lebensunterhalt weiter im Lande hätte verdienen müssen, zeigt ein Brief Hindemiths vom 15. Juli 1946: „Ein anderer Unglückswurm, der Rabsch, haust mit sieben Kindern in Itzehoe, augenblicklich rausgeschmissen aus allem, da er notgedrungen irgendwann einmal in die Partei eintreten mußte, um seine Gören nicht verhungern zu lassen – und wenn einer von jeher kein Nazi war, so ists der!“

Nach einer kurzen Phase der Anerkennung Hindemiths nach 1945 tat dann aber doch das Verdikt seines penetranten Widersachers Adorno eine so verheerende Wirkung, daß auch kleine Zeitungsschreiber meinten, Hindemith als „pedantischen Langweiler“ abqualifizieren zu dürfen. „Damals schien es, als sei der Sargdeckel nun über dem Werk wie über der Person endgültig zugeschlagen“ (Finscher 1997, zitiert nach Susanne Schaal). Tatsächlich aber bleibt Hindemith einer der bedeutendsten Melodiker und Kontrapunktiker eigener Art – der es auch nicht nötig hatte, zur Zwölftonsekte überzuwechseln.

P.S. 25 Jahre nach der Plöner Uraufführung wiederholten wir, das heißt unser Musiklehrer Hermann Wagner mit Kollegen und ausgewählten Schülern, eine Musikwoche in ähnlicher Art in Schloß Nehmten und führten die erarbeiteten Stücke im Remter des Plöner Schlosses auf, natürlich auch Musik von Hindemith.

P.S.: Vor einiger Zeit fand in Zürich eine Premiere des „Mathis“ von Hindemith statt; Bericht in der Badischen Zeitung: „Lasst alles beim Alten und mich in Ruhe“.

Sigmar Salzburg

Wilhelm Lehmann Tage 2015 in Eckernförde

Kunst des Gedichts

Am 8. und 9. Mai 2015 fanden in Eckernförde die Wilhelm Lehmann Tage statt. Es hatten sich sogar noch ehemalige Schüler Lehmanns eingefunden. Da Lehmann heute wenig bekannt ist, zitiere ich aus der Schrift der Wihelm-Lehmann-Gesellschaft, „Merlinszeit“ (Wallstein Verlag 2010):

Uwe Pörksen

Wilhelm Lehmann braucht ein Haus in Eckernförde

Unter den überragenden Dichtern, die Schleswig Holstein im 19. und 20. Jahrhundert hervorgebracht hat, ist ein Name wenig präsent. Friedrich Hebbel hat sein Haus in Wesselburen, Theodor Storm in Husum – an der Ostseeküste gegenüber ist eine Stelle unbesetzt. Ich meine natürlich Wilhelm Lehmann. Lehmann verdient ein Haus in Eckernförde, zumindest ein paar Räume im schönen Städtischen Museum, er hat alles Recht auf einen sichtbaren Platz im öffentlichen Raum. Dieser Sohn eines Lübeckers und einer Hamburgerin, der am 4. Mai 1882 in Puerto Cabello, Venezuela, geboren wurde und in Hamburg aufgewachsen ist, in Tübingen, Straßburg, Berlin und Kiel studierte, an verschiedenen Landerziehungsheimen unterrichtete, in den ersten Weltkrieg eingezogen wurde und sich ihm durch ›Fahnenflucht‹ entzog, hat dann fünfundvierzig Jahre in Eckernförde gelebt, von 1923 bis zu seinem Tod am 17. November 1968. In dieser Zeit entstand das dauerhafte poetische Werk. Es ist nicht weniger mit Eckernförde und seiner Umgebung verbunden als Storm mit Husum, die Brüder Mann mit Lübeck, Ernst Barlach mit Ratzeburg, Hebbel mit Dithmarschen. Das Gesetz der Literatur, das Werke von Weltgeltung auf lokalem Grund stehen, hat sich auch in seinem Fall bewahrheitet…

Auf die folgende Fülle der Hinweise auf Leben und Werk des Dichters kann hier nicht eingegangen werden.  Die Beiträge sind zumeist in der bewährten Rechtschreibung gehalten. Gegen Ende des Büchleins zitiert Klaus Johann aus  Wilhelm Lehmanns brieflicher Schilderung einer Ehrung:

… Zum Abschluß möchte ich noch einmal Lehmann zitieren, und zwar seine Schilderung der Feierlichkeiten aus Anlaß seines 75. Geburtstages am 4. und 6. Mai 1957 in Eckernförde bzw. Düsseldorf (bei einer Tagung der Deutschen Akademie für Dichtung und Sprache); darüber schreibt er am 23. Mai 1957 »bei so scheußlichem ›Frühlingswetter‹, daß es einen ganz elend macht« an Schwedhelm:

»Im übrigen verlief es von der kleinen, modellischen (gewissermaßen für Größeres) Feier der Stadt E[ckernförde]. hier bis zur größeren in D[üsseldorf]. höchst schicklich. (Reden des Bürgermeisters,« – das war damals Werner Schmidt – »der ›natürlich‹ mein Schüler gewesen ist, dazu einer, fortunately, mit dem ich durchaus keinen Krach gehabt, er aber mit anderen ›Paukern‹; des noch nicht lang amtierenden Kultusministers« – das war Edo Osterloh – »: Bauernsohn, gegen den Willen des Vaters Theologe, acht Kinder (!), lieh sich vorher vom Oberstudiendirektor« – gemeint ist Heinz Bruns – »einige meiner Schriften und zog sich zur Begründung des Verdienstkreuzumhängens mit einigen Passagen über ›Dienst an der Sprache‹, ›Elite der Hochgebildeten‹ nicht übel aus der Affäre « …

Zuerst eingetragen unter http://www.nachrichtenbrett.de 15.5.2015

Erwerb der Hamburgischen Staatsbürgerschaft 1847

von Sigmar Salzburg

Kürzlich hielt ich im Hamburgischen Staatsarchiv die Bürgerakte mit den Einbürgerungsprotokollen in Händen, durch die auch einer meiner Vorfahren Hamburger Bürger wurde.

Fol. 617

Praemissis praemittendis deponirte Comparent:

1) Name und Alter? Jens Jensen
2) Religion? luth.
3) Geburtsort? Hadersleben
4) Wie lange er in Hamburg und wo er wohne? 7 Jahre, Valentinskamp Hof 87
5) Bey welchem Lehr- und Brodtherren derselbe gewesen,
und womit er sich ernähret? die Tischlerprofession erlernet
6) Warum er seinen Geburtsort verlassen?
7) Ob und wie lange er verheyrathet, ob seine Frau noch am Leben,
und wie viele Kinder er habe, und von welchem Alter? oder nein
8) Ob er sich zu verheyrathen willens? ja
9) Auf welches Geschäft er Bürger zu werden willens? als Tischlermeister
10) Ob er im Stande sey, mit diesem seinem Geschäfte eine Familie zu ernähren? ja

a) Beistand Namens: Joach. Chr. Fried. Zach. Runge vigore Bürgerzettel de dato 7. July 1826
Bürger declarirt auf seinen geleisteten Eyd, daß seines Wissens obiger Comparent in allen Dingen die Wahrheit angegeben
habe, und daß er, Beistand, ihn hinlänglich kenne, um dies bezeugen zu können, und deponirt über ihn noch wie folgt:
er kenne ihn 2 Jahre

b) Sonstige Beweise

Comp prod
b) Taufschein geb. Hadersleben 9 April 1817
2) Militairfreischein aa Hadersleben d 27 Dec 1845
3) Entlassungsschein aa Hadersleben d 17 Juny 1847
4) Polizeischein
5) Attest vom H. Aeltermann des Tischleramtes
6) Bescheinigung vom Roll
[Impfarzt in Haderslev]

Resolutio: Zugelassen

Actum d. 23 Juny 1847

Zuerst eingetragen bei nachrichtenbrett.de 12.06.2013