Sigmar Salzburg
Kürzlich veranstaltete die Kieler Goethe-Gesellschaft eine Exkursion nach Winsen an der Luhe, dem Geburtsort des letzten Goethe-Begleiters Johann Peter Eckermann. Dabei hatte ich die Gelegenheit, einen Abstecher in den kleinen Ort Bardowick zu unternehmen. Bardowick war im 12. Jahrhundert eine bedeutende Stadt und besitzt daher einen kunsthistorisch bemerkenswerten Dom.
Fotos wikipedia
Das Taufbecken stammt aus dem Jahr 1367, der aus Eiche geschnitzte Flügelaltar ist von 1430. Handgeschnitztes Chorgestühl von 1487 ist noch vorhanden. Das Geläut besteht aus drei Glocken, zwischen 1200 und 1250 hergestellt, und einem Zweiergeläut, um 1325 von einem Meister Ulricus gefertigt.
Für mich ist der Dom von Bardowick auch deswegen von Interesse, weil in meiner Vorfahrenliste ein Anton Heshus aufgeführt ist, der um 1581 dort Kanonikus gewesen sein soll. Natürlich war nicht zu erwarten, daß noch irgendwelche Spuren auf ihn weisen würden. Dennoch fand ich in der Literatur ein Buch aus dem Jahr 1704, das sogar im Internet zugänglich ist:
oder
Beschreibung
der Stadt und des Stiffts
Bardewick/
…
Aus untrüglichen Archiven /alten und neuen
bewehrten Scribenten/ nebst andern glaubwürdi-
gen Uhrkunden / und eigener Erfahrung
zusammen getragen
Von
Christian Schlöpken
der Bardewickischen Stiffts-Schulen
Rectore
—————–
LUBECK
In Verlegung des Autoris,
Anno 1704
Geneigter Leser!
Wie das hohe Alter unsers Bardewicks/und dessen
ehemahls fürtrefflich blühender Zustand / bey
männiglichen jederzeit in sonderbarem Beruff ge-
wesen; so hat es auch an gelehrten Männern nicht
gefehlet / die es für eine beschreibens-würdige
Materie geschätzet. … Es ist aber kein Zweiffel/wenn diesen berühmten Män-
nern die bißhero in hiesigen und anderen Archiven und Bibliothe
cken verborgen gelegene Uhrkunden und Documenta zu Händen
gekommen wären/ daß sie/nach ihrer fürtrefflichen Geschickligkeit/
die Beschreibung unsers Bardewicks viel ansehnlicher und grösser
würden gemacht haben/an statt sie bey so gestalten Sachen gnug-
sam in ihren Schrifften zu erkennen geben müssen/daß es ihnen
an genauerer Nachricht gefehlet / insonderheit was die Historie
hiesigen Stiffts betrifft / von dessen Ursprung und Zustand / vor-
und nach der Verstörung / sie nicht mehr als einige wenige Nah-
men einiger Stiffts-Personen in Erfahrung bringen / und folglich
nichts ausführliches davon schreiben können.
(Bemerkenswert das seit 500 Jahren übliche „insonderheit“, das durch unsere 16 Kulturbanausenminister seit 1996 als „falsch“ diskriminiert wird.)
Ab Seite 355 wird die Einführung der Reformation in Bardowick beschrieben, die es einem der Canonici erleichterte, mein Vorfahr zu werden. Und auf Seite 429 fand ich ihn dann, allerdings verstarb (obiit) er schon 1577:
III.
Seniores Capituli Bardovicenses, die sich ausdrücklich also/
wie auch zum Theil Vice-Decanos genannt / weil sie in
absentia Decani dessen Stelle vertreten.
…
M. Arnoldus Bulle ob. 1548
Theodericus Düsterhop ob. 1575
Antonius Hesehusen ob. 1577
Zuerst veröffentlicht auf Nachrichtenbrett.de 20.11.2014