Am 15. Mai 1567 wurde Claudio Monteverdi in Cremona getauft. Er kam bald in die Lehre des dortigen Dommusikers Marc’Antonio Ingenieri und veröffentlichte bereits mit 15 Jahren sein erstes Madrigalbuch. 1590 wechselte er an den Hof der Gonzaga in Mantua. Dort führte er 1607 die erste vollgültige Oper auf, die zugleich den urmusikalischsten Mythos, Orpheus, zum Inhalt hatte. Seine Musik verwendete die neuartige Monodie, nichtregelhafte Dissonanzen, und er schuf den »stilo concitato«, der die Affekte der Texte in Musik umzusetzten suchte.
300 Jahre lang war Monteverdis Musik im Konzertleben nicht präsent und schließlich nur bruchstückhaft in spätromantischer Wiedergabe. Wikipedia unterschlägt, daß Paul Hindemith 1954 einer der ersten war, die eine Wiedergabe im Originalklang anstrebten. Das war mir Vorbild, obwohl ich seitdem noch einiges mehr über die alten Instrumente erkundet habe.
Wenn heute soviel davon die Rede ist, daß Europa ohne die EU in nationalistische Kleinstaaterei zerfallen würde, dann muß daran erinnert werden, daß die Kultur auch vor vierhundert Jahren schon lange gesamteuropäisch war. Michael Praetorius hatte in Wolfenbüttel bis 1619 die damaligen Partituren Monteverdis studiert und schrieb, daß »Sonderlich jetziger zeit / da die Music ſo hoch gestiegen / das faſt nicht zu gleuben / dieſelbe nunmehr höher werde kommen können … « und daß »ſonderlich in Italia / auß dermaſſen viel Musikaliſche Compoſitiones vnnd Geſänge / ſo gar vff ein andere Art / Manier vnd Weiſe / alß vor der zeit / auffgeſetzet / vnd mit jhren applicationibus an Tag kommen vnd zum Truck verfertiget ſein vnd noch werden …«
Auf einer Italienreise 1981 mit meiner späteren Ehefrau ließ ich im Auto eine Kassette mit einem Sammelsurium alter Musik laufen. Gänzlich vergessen hatte ich, daß ich am Schluß einige Stücke aus dem „Orfeo“ aufgenommen hatte, um den Chitarrone-Part für die nächste Aufführung zu üben. Als wir uns den Toren Mantuas näherten, setzte überraschend die Eingangsfanfare der Gonzaga aus dem „Orfeo“ ein. Es kam mir vor wie ein Fingerzeig der alten griechischen Götter.