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Zur Einordnung der sumerischen Sprache

Seit meiner Schulzeit faszinierten mich Keilschriftzeichen und ihre Bedeutung. Bald stieß ich auf die Ähnlichkeit sumerischer Silben mit dem Chinesischen und Tibetischen und legte in den 80er-Jahren Vergleichslisten an. 1991 sandte ich eine 124seitige Ideensammlung an einige Fachleute. Mein ehemaliger Akkadisch-Lehrer, Prof. Stefan Timm, war beeindruckt, der Sumerologe Prof. Joachim Krecher (1933-2020) bemerkte, er verstünde kein Tibetisch, der Altorientalist Prof. Dr. Wolfgang Röllig (1932-2023) ebenso und verwies auf das phonologisch unsicher überlieferte Sumerisch, weswegen eine Zuordnung bisher gescheitert sei. Der Sinologe Prof. Ulrich Unger (1930-2006) aber teilte freundlich mit, daß er selbst umfangreiche Vergleiche mit anderen indosinitischen Sprachen aufgestellt habe und auf verschiedenen Wegen den Beweis der genetischen Sprachverwandtschaft zu erbringen hoffe. Er habe sich aber bisher nur zweimal in Vorträgen dazu öffentlich geäußert. Er legte die Skizze eines Vortragsmanuskripts von 1985 bei:

Ulrich Unger / Münster

Isotypenvergleichung als Methode der sumerisch-indosinitischen Sprachvergleichung

Verfasser rechnet damit, daß im Laufe detaillierter Vergleichung sich die Verwandtschaft des Sumerischen mit den indochinesischen („sinotibetischen“) Sprachen beweisen lasse… Daß im Bereiche des Wortschatzes das Sumerische Hunderte von Entsprechungen in den indochinesischen Sprachen (Tibetisch, Chinesisch, Barmanisch, Siamesisch, um nur die wichtigsten Sprachen zu nennen) hat, kann schon jetzt mit Bestimmtheit behauptet werden. Diese Entsprechungen können, ihrer Zahl und ihrem Stellenwert nach, nicht zufällig sein. Es muß ein genetischer Zusammenhang bestehen…

[Auf den folgenden Seiten 4-9 werden die sum. Wurzeln dib, dab, bar, bal, gur abgehandelt]

In der Antwort auf mein Manuskript selbst schrieb Prof. Unger am 2.12.1991:

Sie haben Ihre Studie „Sumerisch, ein urtibetischer Dialekt“ genannt. Just so ist mir das Sumerische immer vorgekommen, wie ein altertümliches Tibetisch. Man kann sogar vereinzelt ganze Sätze so lesen, daß sie wie Tibetisch klingen.

Anscheinend hat Prof. Unger in den ihm verbliebenen 15 Jahren nichts weiter zu diesem Thema veröffentlicht. Vielleicht könnte man das aus seinem Nachlaß nachholen. Es wäre sicher ein Gewinn für die Sprachwissenschaft.